Eine Lebenserfahrung von Elisabeth Schabmayr
(aus dem Pfarrmagazin JAKOBUS, Nr. 1/2021)
Die Erfahrung, dass Beten hilfreich ist, habe ich immer schon gemacht. Entweder geht durch mein Beten ein Wunsch in Erfüllung oder es klärt sich eine bestimmte Situation. Andererseits kann sein, dass sich durch das Beten mein eigener Blickwinkel verändert, und ich dann auch mit dem zufrieden bin, so wie mein Leben eben ist.
Ich bin immer schon gerne in die Kirche gegangen, den Glauben habe ich von Kindheit an durch meine Großmutter und meine Eltern positiv erlebt. Adventkranzandachten, Krippen-, Kreuzweg- und Maiandachten gehörten zu meinem Leben, natürlich auch der sonntägliche Gottesdienst. Deswegen ist meine Glaubenserfahrung nicht so, dass ich plötzlich von Null auf Hundert gekommen bin, sondern ich komme durch mein Beten immer wieder einen kleinen Schritt nach vorne. Wie lange ich noch brauche, um die perfekte Christin zu sein, kann ich nicht sagen, aber ich bemühe mich.
Eine Zeit des intensiven Betens war während der „Erwartung“ meiner Kinder. Die erste Schwangerschaft ging nach einigen Wochen zu Ende, ich musste ins Spital und hatte große Schwierigkeiten. Es sah so aus, als könnte ich nie mehr Kinder bekommen. Aber ich wurde im Frühjahr 1985 doch wieder schwanger, ich musste fast die ganze Zeit im Bett verbringen, aber ich bekam Ende Oktober 1985 einen wunderbaren Sohn. In dieser Zeit der verordneten Ruhe las ich viel, vor allem Biographien über Heilige, das Leben dieser Menschen beeindruckte mich.
Bei einer weiteren Schwangerschaft kam ich aber aufgrund massiv auftretender Schwierigkeiten sofort ins Spital. Jeden zweiten Tag gab es Untersuchungen, es sah schlecht aus für das wachsende Baby. Nach 2 Wochen Spitalsaufenthalt beschlossen die Ärzte, die Schwangerschaft zu beenden, „weil es tut sich nichts“. Das war an einem Donnerstag. Für den nächsten Tag, also für den Freitag, war der medizinische Eingriff geplant. Ich bekam schon kein Abendessen mehr und am Freitag auch kein Frühstück, denn ich musste für die Operation ja nüchtern sein. Um die Mittagszeit kam allerdings eine Krankenschwester und brachte mir ein Mittagessen. Irritiert fragte ich sie, warum ich denn etwas zu essen bekäme. Sie antwortete: „Heute wird das nichts mehr mit einer OP, es ist ein Notfall herein gekommen.“ Meine Operation wurde daher auf Montag verschoben.
Von meinem Krankenbett aus konnte ich schräg auf ein Kruzifix hinblicken, ich weiß nicht, wie viele „Vater unser“ und „Gegrüßt seist du, Maria“ ich in diesen Tagen gebetet habe. „Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen“ – ich bete oft musikalisch, weil ich durch mein Singen ja viele Liedtexte kenne.
Es kam der Montag: Wieder musste ich zur Untersuchung, dieses Sitzen am Untersuchungsstuhl ist nicht angenehm. Der Arzt verwendete auch das Ultraschallgerät (Technische Möglichkeiten vom Dezember 1986). Er drückte lange an meiner Bauchdecke herum und sah sehr genau auf den Monitor. Dann rief er eine Krankenschwester, auch sie beobachtete, was zu sehen war. Ein weiterer Arzt wurde gerufen – schließlich standen mindestens 6 Leute bei mir, sie schauten und unterhielten sich. Man kam zu dem Entschluss, dass ich doch noch nicht operiert werde, weil sie glaubten, ein Lebenszeichen in meiner Gebärmutter gesehen zu haben. Nach einigen Tagen gab es eine weitere Untersuchung und da war es klar: In mir wächst ein Baby, es bewegt sich. Ich musste zwar noch weitere 6 Wochen im Spital bleiben, also über Weihnachten und Neujahr. Auch die restliche Zeit der Schwangerschaft war nicht einfach, aber ich bekam einen gesunden Sohn. Dafür bin ich so dankbar. Ich muss allerdings sehr oft an die Frau denken, die damals der „Notfall“ war. Ihr verdanke ich auch mein Kind, denn wenn sie nicht gewesen wäre, die die Zeit der Ärzte beansprucht hatte, wäre ich operiert worden.
Als eine große Gnade empfinde ich auch noch das: 3 Jahre später wurde ich wieder schwanger. Diesmal erlebte ich eine problemlose Schwangerschaft, eine unkomplizierte und schnelle Geburt. Dieser Sohn war von Anfang an ein sehr zufriedenes Baby, ein richtiges Geschenk.
Im Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (Vertonung Psalm 55) heißt es: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen. Und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen. Denn seine Gnade reicht soweit der Himmel ist. Und keiner wird zuschanden, der auf ihn harret.“