Erzähl mir was … ich hör dir zu!

Gestern Samstag 30. April 2022 war es soweit: Seit Monaten wollte ich das schon mal probieren. Nun hatte mir jemand seine rote Gartenbank geliehen und so blieb mir keine Ausrede mehr. Also sprang ich kurzerhand über meinen Schatten und setzte mich mit einem improvisierten Schild „Erzähl mir was … ich hör dir zu!“ auf den Parkplatz vor dem Caritas-SPAR bei uns in Asten.

Verhaltener Start – starkes Finish

Was soll ich sagen? Zu Beginn lief alles – abgesehen von ein paar Daumen hoch im Vorbeigehen („Super Aktion!“) – ziemlich verhalten, ich hatte eigentlich nicht viel zu tun. Doch nach einiger Zeit ging es richtig los. Die genaue Reihenfolge weiß ich nicht mehr, aber innerhalb kurzer Zeit setzten sich mehrere Menschen unterschiedlichster Herkunft und Ansichten zu mir auf die rote Bank:

  • Eine junge Familienmutter mit Tiroler Kennzeichen erzählte mir, wie sie über Umwege nach Asten gekommen war.
  • Ein Mann mit einer russisch sprechenden Frau aus der Ukraine bat mich um Segen für die Geflüchtete.
  • Ein muslimischer junger Familienvater mit Kindern war ganz neugierig, wie es zu dieser Aktion gekommen war.
  • Eine ältere Dame erzählte mir, dass sie seit einem Kindheitserlebnis nicht mehr gerne in die Kirche geht.
  • Mehrere Bekannte gratulierten zu der Aktion und luden mich zum Maibaumaufrichten ein (was ich später gerne angenommen hab).

Positives Fazit

Immer wieder kamen auch Fragen nach Gott, der Kirche, sogar nach meiner Berufung. Eigentlich wollte ich nur 3 Stunden bis 13 Uhr bleiben – aber durch die netten Gespräche verflog die Zeit, und es wurde dann doch fast 14 Uhr! Es war also eine durchaus interessante Erfahrung, die ich sicher noch öfter wiederholen möchte!

Habt ihr Kommentare dazu? Was hast du selbst erlebt?

Watch Party: Divine Renovation

Was sagt Gott der Kirche?

mit Fr. James Mallon / Bischof Robert Barron / Revd. Nicky Gumbel

Im März 2022 ist es zwei Jahre her, dass die Pandemie unsere Welt traf. Was hat Gott der Kirche in den letzten zwei Jahren gesagt?

Während wir langsam in eine Welt nach der Pandemie eintreten, haben wir eine unglaubliche Gelegenheit, unsere Energie neu darauf zu richten, den Menschen um uns herum das Evangelium zu bringen. Aber wo sollen wir anfangen? Es gibt wichtige Fragen, mit denen viele ringen:

  • Was ist der dringlichste Auftrag der Kirche?
  • Was haben die vergangenen zwei Jahre der Kirche gezeigt?
  • Was müssen wir bereuen, wovon uns abkehren und wohin uns wenden?

Sei dabei, wenn Nicky Gumbel (Pionier von Alpha), Bischof Robert Barron (größter kath. Youtuber, 84 Mio. Views) und Fr. James Mallon (Gründer von Divine Renovation) sich LIVE zu diesen Fragen unterhalten!

Watch Party im Pfarrsaal Asten

Wir übertragen die Online-Veranstaltung (mit deutscher Übersetzung!):

Dienstag, 1. März – ab 19h LIVE im Pfarrsaal

Für Getränke und Snacks ist gesorgt. Anschließend Austausch und Vernetzung.
Herzliche Einladung an alle Pfarren, Priester, Seelsorger, engagierte Laien, Pfarrgemeinderäte etc.

Facebook Veranstaltung (bitte teilen!)


Mehr über Divine Renovation: www.divinerenovation.org/deutscher-sprachraum

Kirche im Umbruch

Wort des Pfarrers | JAKOBUS Pfarrmagazin (2/2021)

Liebe Astner! In der Diözese Linz wird es vermutlich 2021-24 eine spürbare Strukturreform geben. Sie wird auch unsere Pfarre betreffen. Erreichbarkeit und Zuständigkeitsbereich des Sekretariats werden sich stark ändern.

Strukturreform der Diözese. Die rund 487 Pfarren in Oberösterreich werden auf 40 zusammengelegt. Am 4. Mai verabschiedete Bischof Manfred das neue Gesetz dafür. Dies begründet er mit dem Personalmangel an Priestern, Laientheologen (Pastoralassistenten) und Religionslehrern.

Was bedeutet das für uns als Pfarre? Es wird im Dekanat Enns-Lorch, zu dem wir gehören, anstatt elf kleiner nur mehr eine große Pfarre geben. Unsere Pfarre wird – wie alle anderen Pfarren in Oberösterreich – aufgehoben und wir werden eine Teilgemeinde der neuen großen Pfarre. Dafür ernennt der Bischof einen gemeinsamen Pfarrer, dazu einen Wirtschaftsverantwortlichen und den Pastoralrat als Leitungsgremium. Der Pastoralrat besteht aus jeweils zwei Vertretern der einzelnen Teilgemeinden. Die ehemaligen Pfarrer werden dann zu Pfarrvikaren (ähnlich wie früher ein Kaplan). Grundlegende Entscheidungen werden nicht mehr in Asten getroffen, sondern im großpfarrlichen Leitungsteam.

Ich als Priester werde noch einige Jahre mit klaren Einschränkungen zur Verfügung stehen (hl. Messe, Sakramente wie Taufe, Beichte, Krankensalbung, teilweise Begräbnisse). In anderen Teilgemeinden werde ich ebenso aushelfen. Wir werden für Asten – wie schon begonnen –  ein ehrenamtliches Team aufbauen, das einige Bereiche des Pfarrlebens übernimmt, z.B. Evangelisierung und Mission, Soziales und Caritas, Finanzen und Erhaltung der Bausubstanz. Finanziell bekommen wir nur mehr etwa die Hälfte des bisherigen Kirchenbeitragsanteils aus Asten. 

Unser Bischof selbst sagt aber auch: Diese Strukturreform wird nicht aus sich heraus neues christliches Leben hervorbringen. Sie ist nur eine Rahmenbedingung, die das christliche Leben ermöglichen soll, und das vorhandene Personal gerecht verteilt.

Das Ende der Volkskirche. Wir sind dabei zu realisieren, dass eine Ära zu Ende geht, nämlich die Volkskirche. Als diese Form früher noch funktionierte, war Österreicher-sein und Katholisch-sein beinahe deckungsgleich. Es war selbstverständlich, am Sonntag die Messe mitzufeiern. Eltern gaben die Glaubensinhalte authentisch an ihre Kinder weiter. Sie beteten zuhause mit ihnen und begleiteten sie aktiv zum Sakramentenempfang (Taufe, Firmung, Beichte, Eucharistie). Seit Ende der 60er-Jahre ist dies schrittweise, aber sehr deutlich, völlig anders geworden. Christsein ist heute eine Ausnahme, wirklich den Glauben zu praktizieren eine Seltenheit geworden.

In der Zeit nach dem Konzil hoffte die Kirche, durch Erleichterung der Anforderungen und Anpassung an die moderne Gesellschaft, das Verbleiben vieler Menschen in der Kirche noch zu bewirken. Dadurch blieben allerdings vielerorts kaum andere Glaubensinhalte übrig, als sozial zu sein. Eine lebendige Christusbeziehung ist somit weithin unbekannt. Vielen ist es aus rein traditionellen Gründen wichtig, Taufe, Erstkommunion und Firmung wahrzunehmen. Das führt jedoch im Alter von ca. 19 Jahren oft zum Kirchenaustritt. Warum? Weil keine innere Beziehung zu Gott aufgebaut wurde und einem die frohmachende Begegnung mit Jesus völlig unbekannt bleibt. Es gibt aber auch in der westlichen Welt katholische Gemeinden, die wachsen. Dort geschehen ganz andere, wirklich begegnende Formen der Christianisierung. Davon lernen wir in Asten intensiv schon seit mehreren Jahren, mit durchaus gutem Erfolg: Plötzlich sind neue junge Christen da, denen der Glaube im Alltag wirklich etwas bedeutet. Auch die Sakramente sind ihnen keine lästige Pflicht mehr.

Sterbeprozess und neuer Aufbruch. So schmerzlich er ist, so notwendig ist auch der begonnene Sterbeprozess der Volkskirche. Nicht nur für Seelsorger oder aktive Christen, sondern paradoxerweise auch für Fernstehende oder Ausgetretene. Sie möchten gerne eine „Servicekirche“ aufrechterhalten, die alle Wünsche erfüllt. Aber die christliche Botschaft  der Jüngerschaft und Nachfolge Jesu bleibt dabei auf der Strecke. Die Kirche muss jedoch nicht um jeden Preis Volkskirche sein, sondern soll mit dem Bekehrungsruf Jesu beginnen: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15)

Christsein als Entscheidung. Kirche war in den ersten Jahrhunderten eine Entscheidungskirche. Dort wo Christsein bewusst gelebt wird, entsteht neues Leben. Viele neue, großartige Aufbrüche in Afrika, Ostasien, Südasien, aber auch in Amerika und Europa, entstehen für die Kirche durch Menschen, die sich für Jesus entscheiden. Ja, es ist schmerzlich, wenn schöne Kirchen nicht mehr erhalten werden können, womöglich veräußert werden müssen. Vermutlich werden auch bei uns Gebäude, Kirchen, Pfarrhöfe stillgelegt, wie schon lange bei den norddeutschen evangelischen Kirchen der Fall. Wer aber Jesus wirklich begegnet und Gemeinschaft erlebt, ist auch gerne bereit, finanziell zu geben. 

Im nächsten Pfarrmagazin werde ich die Gedanken zur Neuorientierung fortsetzen. Schöne Sommerferien wünscht euch, 

euer Pfarrer Mag. Franz Spaller

Vom Rowdy zum Jünger

Interview mit Patrick Stelzmüller,
aufgewachsen im Norikum (Asten)

Patrick ist im Astner Norikum aufgewachsen

Patrick, wie war dein Leben, in ein paar Sätzen, vor deiner Bekehrung?

 Ich hab grundsätzlich ein sehr lustiges, umtriebiges Leben gehabt. Ich und meine Brüder waren im Norikum bekannt. Einige meiner damaligen Kameraden sind später im Gefängnis gelandet. Als ich dann in Linz wohnte, war ich viel unterwegs, hab Party gemacht und getrunken, gekifft und auch andere Drogen genommen. Ich wollte immer alles ausprobieren. Das Christentum war für mich – obwohl ich ein paar Jahre Ministrant in der Pfarre Asten war – uninteressant. Das war für mich einfach gegessen, unspannend – Hakerl und ab.

 Dann hast du deine Ausbildung zum Hörgeräte-Akustiker gemacht?

Meine Ausbildung begann 2010, aber ich war nicht besonders glücklich in meiner Arbeit, mein Umfeld war nicht gut. So hab ich in die Finanzwelt gewechselt, wurde Versicherungsmakler. Hab dann auch den Meister in Vermögensberatung gemacht, war Geschäftsstellenleiter eines Finanzvertriebs. Aber mein Leben war immer noch sehr oberflächlich.

 Was ist dann passiert? Wie kommt es, dass du heute eine völlig andere Einstellung zum Glauben und zum Leben hast?

 Ich hab damals einen mittlerweile sehr guten Freund kennengelernt. Viele interessante Gespräche und etwa zwei Jahre später kam ich drauf, dass er und seine ganze Familie christlich waren – für mich total unverständlich. Seine Mutter hat mich zu einem Alpha Kurs bei einer Freikirche in Linz eingeladen. Anfangs habe ich abgelehnt. Aber dann meinte auch mein Freund: „Was ist eigentlich los mit deinem Leben? Das ist doch ein völliges Chaos!?“ 

Er glaubte, Alpha würde mir gut tun. Daraufhin sagte ich: Ok, wenn ich Zeit finde, schau ich es mir einen Abend an. Und obwohl ich Donnerstagabend eigentlich immer andere Dinge vorhatte, sind lustigerweise diese Termine immer ausgefallen, so dass ich auch wirklich hingehen konnte. Ab dem vierten oder fünften Mal war dann für mich eh klar, ich mach weiter: das Essen war gut, die Gemeinschaft toll! 

Mein Leben war damals ein Durcheinander, ich war ein Getriebener. Und auf einmal sitz ich da auf dieser Stoffcouch und erlebe den totalen Frieden. Die Welt um mich war plötzlich stumm geworden, es war mir ganz leicht, und ich wusste: alles ist gut. Zum ersten Mal konnte ich sein, wer und wie ich bin. Und ich hab gebetet: Jesus, wenn es dich wirklich gibt, dann find ich das cool. Ich bin dankbar für dieses Gefühl, und falls du das bist, dann gib mir das bitte öfter. Das waren so meine ersten Schritte.

 Wie lange ist das jetzt her?

 Das war 2017, vor vier Jahren. Das war aber noch nicht der Punkt, wo ich gesagt hab, ich glaub sofort an Jesus und richte mein Leben nach ihm aus – das kam erst später.

 Also war es eher ein Prozess?

 So ist es. Es brauchte viele Gespräche, viele weitere Schritte. 2018 zum Beispiel, da hab ich Hilfe bei einer Bekannten gesucht. Sie fragte mich: Hast du dein Leben schon Jesus übergeben? Ich war ganz baff: das hatte ich nie! Und so sprach ein Bekannter mit mir ein Übergabegebet, und ich hab mein ganzes Leben Jesus anvertraut. 

Zwar fühlte ich mich danach nicht wirklich anders, aber als ich am Tag darauf überhaupt nicht schlafen konnte – ich hatte so einen krassen, intensiven Traum, dass ich weinend und schweißgebadet aufgewacht war – nahm ich die Bibel, die ich geschenkt bekommen (aber nie geöffnet hatte), schlug sie irgendwo zufällig auf und bekam durch Jesaja 44 eine klare Antwort. In meinem Traum war ich in meinem früheren Kinderzimmer gewesen, angefüllt mit ganz viel Mist und Müll, aber dann öffnete sich die Tür und ein Freund (oder war es Jesus?) in einer goldenen Rüstung reichte mir die Hand und zog mich heraus. 

Nach diesem Traum und dem Bibelwort hat sich mein Leben völlig verändert: Ich wusste, ich bin errettet. Meine Beziehung zu Jesus hat sich gefestigt.

 Denkst du, deine Reise im Glauben ist zu Ende? Ist Gott schon fertig mit dir? Was kann man tun, um in der Beziehung mit ihm zu wachsen?

 Ich glaube das Wichtigste ist, offen zu sein und Jesus die Zügel in die Hand zu geben. Und ich weiß, dass Gott definitiv nicht fertig ist mit mir. Ich hab eigentlich mehr das Gefühl, es geht gerade erst los. Gott hat mich erst kürzlich wieder aus so viel Mist herausgeholt – ich hatte z.B. einen schweren Bergunfall am Jahresende, bin über 100 m abgestürzt, ich hätte tot sein können. Oder auch als ich vor kurzem um eine neue Arbeit gebetet habe, und innerhalb von zwei Wochen trotz vierwöchiger Kündigungsfrist eine neue Studienmöglichkeit für einen sozialen Beruf bekam: Gott ist einfach so genial!

 Also bleibt es spannend…?

 Ja, merke dass ich immer mehr Freude in mir habe, dass mein Pessimismus weniger wird. Ich baue mein Vertrauen auf Gott, weil ich weiß, dass es mir so besser geht. So eine Aussage hätte ich mir vor drei, vier Jahren niemals erdenken können. Früher hätte ich jedem den Vogel gezeigt, der mir sowas sagt. Ich dachte, Gott gibt es nicht! Aber mittlerweile sitze ich hier, und für mich ist das eine Gewissheit im Glauben, es gibt mir Ruhe und Frieden. Jesus gibt mir Kraft. Und jetzt lade ich selber alle zu Alpha ein, damit sie das auch erleben können.

 Super, danke Patrick für das Gespräch! Ich hoff du kommst uns weiter in Asten besuchen.

Ja sicher, ich komm gerne. Zum einen wohnt ja meine Mama noch hier, zum anderen weil sich hier so viel tut und man in der Kirche Gemeinschaft erlebt!

Patrick beim Interview mit P. Thomas im Pfarrgarten

Beten hilft

Eine Lebenserfahrung von Elisabeth Schabmayr

(aus dem Pfarrmagazin JAKOBUS, Nr. 1/2021)

Die Erfahrung, dass Beten hilfreich ist, habe ich immer schon gemacht. Entweder geht durch mein Beten ein Wunsch in Erfüllung oder es klärt sich eine bestimmte Situation. Andererseits kann sein, dass sich durch das Beten mein eigener Blickwinkel verändert, und ich dann auch mit dem zufrieden bin, so wie mein Leben eben ist.

Ich bin immer schon gerne in die Kirche gegangen, den Glauben habe ich von Kindheit an durch meine Großmutter und meine Eltern positiv erlebt. Adventkranzandachten, Krippen-, Kreuzweg- und Maiandachten gehörten zu meinem Leben, natürlich auch der sonntägliche Gottesdienst. Deswegen ist meine Glaubenserfahrung nicht so, dass ich plötzlich von Null auf Hundert gekommen bin, sondern ich komme durch mein Beten immer wieder einen kleinen Schritt nach vorne. Wie lange ich noch brauche, um die perfekte Christin zu sein, kann ich nicht sagen, aber ich bemühe mich.

Eine Zeit des intensiven Betens war während der „Erwartung“ meiner Kinder. Die erste Schwangerschaft ging nach einigen Wochen zu Ende, ich musste ins Spital und hatte große Schwierigkeiten. Es sah so aus, als könnte ich nie mehr Kinder bekommen. Aber ich wurde im Frühjahr 1985 doch wieder schwanger, ich musste fast die ganze Zeit im Bett verbringen, aber ich bekam Ende Oktober 1985 einen wunderbaren Sohn. In dieser Zeit der verordneten Ruhe las ich viel, vor allem Biographien über Heilige, das Leben dieser Menschen beeindruckte mich.

Bei einer weiteren Schwangerschaft kam ich aber aufgrund massiv auftretender Schwierigkeiten sofort ins Spital. Jeden zweiten Tag gab es Untersuchungen, es sah schlecht aus für das wachsende Baby. Nach 2 Wochen Spitalsaufenthalt beschlossen die Ärzte, die Schwangerschaft zu beenden, „weil es tut sich nichts“. Das war an einem Donnerstag. Für den nächsten Tag, also für den Freitag, war der medizinische Eingriff geplant. Ich bekam schon kein Abendessen mehr und am Freitag auch kein Frühstück, denn ich musste für die Operation ja nüchtern sein. Um die Mittagszeit kam allerdings eine Krankenschwester und brachte mir ein Mittagessen. Irritiert fragte ich sie, warum ich denn etwas zu essen bekäme. Sie antwortete: „Heute wird das nichts mehr mit einer OP, es ist ein Notfall herein gekommen.“ Meine Operation wurde daher auf Montag verschoben.

Von meinem Krankenbett aus konnte ich schräg auf ein Kruzifix hinblicken, ich weiß nicht, wie viele „Vater unser“ und „Gegrüßt seist du, Maria“ ich in diesen Tagen gebetet habe. „Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen“ – ich bete oft musikalisch, weil ich durch mein Singen ja viele Liedtexte kenne.

Es kam der Montag: Wieder musste ich zur Untersuchung, dieses Sitzen am Untersuchungsstuhl ist nicht angenehm. Der Arzt verwendete auch das Ultraschallgerät (Technische Möglichkeiten vom Dezember 1986). Er drückte lange an meiner Bauchdecke herum und sah sehr genau auf den Monitor. Dann rief er eine Krankenschwester, auch sie beobachtete, was zu sehen war. Ein weiterer Arzt wurde gerufen – schließlich standen mindestens 6 Leute bei mir, sie schauten und unterhielten sich. Man kam zu dem Entschluss, dass ich doch noch nicht operiert werde, weil sie glaubten, ein Lebenszeichen in meiner Gebärmutter gesehen zu haben. Nach einigen Tagen gab es eine weitere Untersuchung und da war es klar: In mir wächst ein Baby, es bewegt sich. Ich musste zwar noch weitere 6 Wochen im Spital bleiben, also über Weihnachten und Neujahr. Auch die restliche Zeit der Schwangerschaft war nicht einfach, aber ich bekam einen gesunden Sohn. Dafür bin ich so dankbar. Ich muss allerdings sehr oft an die Frau denken, die damals der „Notfall“ war. Ihr verdanke ich auch mein Kind, denn wenn sie nicht gewesen wäre, die die Zeit der Ärzte beansprucht hatte, wäre ich operiert worden.

Als eine große Gnade empfinde ich auch noch das: 3 Jahre später wurde ich wieder schwanger. Diesmal erlebte ich eine problemlose Schwangerschaft, eine unkomplizierte und schnelle Geburt. Dieser Sohn war von Anfang an ein sehr zufriedenes Baby, ein richtiges Geschenk.

Im Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (Vertonung Psalm 55) heißt es: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen. Und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen. Denn seine Gnade reicht soweit der Himmel ist. Und keiner wird zuschanden, der auf ihn harret.“